An einem schönen Sommertag treffen wir am Obelisken Herrn Heinrich Hamann, der uns von dort den „Weg ins Paradies“ in einer sehr persönlichen Interpretation weisen wird. Lange Jahre hatte er als Gärtner in den preußischen Parks gearbeitet und dabei eine ganz besondere Beziehung zu ihnen entwickelt.
Preußen war schon immer ein armes Land, das sich den teuren Luxus eines echten Obelisken nicht leisten konnte, aber trotzdem an der aufkommenden Begeisterung am alten Ägypten teilhaben wollte. So ließ man einen mauern und gestaltete ihn frei nach dem damaligen Wissen über die altägyptische Kultur. Als Zeichen des Königtums gehörte ein Obelisk einfach in einen Schlosspark.
Unser Weg führt an schön gestalteten und blühenden Rabatten, Heckenrondells, Skulpturengruppen vorbei, die in den von Peter Joseph Lenné gestalteten Landschaftsgarten eingebettet sind, vorbei zu unserem Ziel. Auf verschlungenen Wegen, über Treppen, durch Engstellen, vorbei an überraschenden Ausblicken hören wir vom menschlichen Leben als einer Pilgerfahrt, welche die Gartengestalter hier bildlich mit ihren Mitteln darstellen wollten.
Über kleine Brücken, durch dunkle Pfade, Sackgassen und unerwartete Wendungen in den Wegen erblicken wir durch ein „Fenster“ in den Kronen herrlicher Linden den Turm der Friedenskirche, die sich in den Wassern des sie umgebenden Teiches spiegelt. Der sehr religiöse Friedrich Wilhelm IV. ließ sie in ganz bewusstem Kontrast zu den Bauten des aufgeklärten Friedrich II., der keine kirchlichen Räume in seinen Schlössern duldete, an dieser Stelle im italienischen Stil bauen, als seinen Beitrag zum preußischen „Arkadien“.
Herr Hamann führt uns weiter durch bewusst verschlungen angelegte Wege, vorbei an einem fragmentarischen Christusmosaik, zerfallenden Mauern, dichtem Gestrüpp, bis wir ganz überraschend vor den Kolonnaden der 1845 geweihten Friedenskirche stehen. Der Säulenhof umfängt uns schützend. Die Kirche finden wir verschlossen, unser Ziel ist ja das „Paradies“.
Dieses sehen wir beim Blick in den Garten, der von mächtigen Platanen und Rüstern umschlossen ist, die schon 1780 von Lenné gepflanzt wurden. Dies ist der preußische „Marlygarten“, wie ihn Friedrich Wilhelm IV. nach dem berühmten Vorbild Ludwigs XIV. in Versailles genannt hat.
Lenné schuf mit Hügeln, versteckten Wegen, die sich zwischen unterschiedlichen Ebenen in der Rasenfläche verstecken, unterschiedlichen Baum- und Sträuchergruppen, Rabatten und Blumenbeeten einen Raum zum Verweilen und zur Meditation.
Wir schlendern durch den Garten, der immer wieder neue Durchblicke bietet, werden überrascht von plötzlich auftauchenden Skulpturen, sehen auf zu einem Kreuz, stehen vor einer kleinen Mädchenstatue mit Papagei und bewundern immer wieder die herrlichen Farben unterschiedlichster Blumen.
Vorbei an einem Herkules mit goldenem Vlies kommen wir zu einem Brunnen, an dem unser Weg endet. Mit einem Blick zurück über den Garten und zur Friedenskirchen nehmen wir Abschied von Friedrich Wilhelms IV. „Marly“, seinem Paradies in Potsdam.
Wir bedanken uns bei Herrn Hamann, der mit seiner Führung der besonderen Art uns einen Garten, den viele von uns schon besucht hatten, ganz neu erleben ließ.
Ulrich Locherer
(Fotos: WernerSiepmann)