Besuch des Steglitzer Friedhofes an der Bergstrasse

Wolfgang Holtz, der im Verein von vielen Veranstaltungen her als exzellenter Kenner Berlins und Brandenburgs bekannt ist, führt eine kleine Gruppe durch den 1875 eingerichteten Friedhof an der Bergstraße in Steglitz, der auf den damals als „Rauhe Berge“ bekannten Gebiet eingerichtet wurde und mit jetzt 25 ha Fläche und mehr als 45 000 Gräbern zu den größten der Stadt zählt. Damals gehörte das Dorf Steglitz noch zum Kreis Teltow und lag weit vor den Toren Berlins.
Auf dem Rundgang finden wir viele Gräber bekannter Bauernfamilien, die mit dem Verkauf ihrer Grundstücke beim Ausbau von Steglitz zur Wohn- und Geschäftsstadt zu Reichtum kamen und dies durch den Bau prächtiger Grabmäler dokumentierten. Namen wie Albrecht (Albrechtshof), Berlinicke (Bürgermeister), Pasemann, Zimmermann, Bäthge, Dahlemann, Jürgens, Brinkmann, Bugge tauchen nun in Straßennamen wieder auf und erinnern an ehemals einflussreiche Familien. Aber unser Weg führt auch an bescheidenen Grabmälern vorbei, die auf Namensträger mit besonderer Bedeutung hinweisen: Staatssekretär Kraetke, der als „Erfinder“ des Postschecks gilt und die Reichspost zu einem großen und fortschrittlichen Unternehmen ausbaute. Das Grab des Fliegers Löb erinnert an die Bedeutung Berlins als Zentrum der jungen Fliegerei, wie auch das Grab von Günter Freiherr von Hünefeld, der als Finanzier der Pionierflüge von Europa nach Amerika in den Maschinen mitflog.
Unsere Begehung wird unterbrochen durch einen Besuch des legendären, 46 m hohen „Wasserturms“(erbaut von 1916 – 1919), der – als Wasserturm nicht gebraucht- als Urnenhalle genutzt und dann später von den Nazis zur Ehrenhalle ausgebaut wurde. Er verfiel nach dem Krieg und wurde erst ab dem Jahr 2000 durch die private Initiative von Herrn Wolfgang Becker-Brüser, dem Inhaber eines Verlages im Arzneimittelsektor, und in Zusammenarbeit mit dem Bezirk Steglitz – Zehlendorf restauriert und dient nun als Geschäftshaus. Wir bestaunen ein gelungenes Werk.
Der Rundgang führt uns dann an das Grab von Ewald Wenck, das Erinnerungen an die „Insulaner“ weckt, zu Walter Leistikow, der als „Grunewaldmaler“ bekannt wurde, und an dessen Beisetzung Max Liebermann und Gerhart Hauptmann sprachen. Vorbei geht es am Gedenkstein für Karl Fischer, dem legendären Gründer des „Wandervogels“, zu den Gräbern von Heinz Benzmann, dem „Pommerndichter“, Rudolf Mönnich, dem Geheimen Baurat, der die meisten Gerichtsgebäude in Berlin erbaute, Eduard Seler, dem Mexikoforscher, dem die Museen in Dahlem einen Großteil der Schätze aus Mexiko verdanken, und Leo Borchard, dem Leiter der Musikschule Zehlendorf, der nach dem Krieg an Furtwänglers Stelle die ersten Konzerte mit den Berliner Philharmonikern im „Titania – Palast“ dirigierte.
Ein Höhepunkt ist der Besuch des Grabes von Gustav Büchsenschütz (1902 – 1996), der als Mitglied des „Wandervogels“ am Himmelfahrtstag 1923 das Brandenburger Lied („Steige hoch, du roter Adler“) dichtete und komponierte. Da Frau Kliem, unsere 2. Vorsitzende, wohlweislich Kopien mit allen sechs Strophen mitgebracht hat, wird dieses Liedes hier angestimmt.
Zum Abschluss wird Herrn Holtz als kundigem Führer gedankt, der seinerseits auf sein im Herbst herauskommendes Buch zum Steglitzer Friedhof an der Bergstraße hinweist, das weitere Aspekte der heimischen Geschichte beleuchten wird.

Ulrich Locherer

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