Wieder einmal haben wir unsere heimischen Gefilde verlassen, um etwas Neues in der Nachbarschaft zu entdecken. Vom S-Bhf. Wannsee aus fuhren wir mit dem Bus 620 an dem ehemaligen Kontrollpunkt Dreilinden vorbei durch Kleinmachnow und an der Schleuse entlang bis nach Teltow. Nach kurzem Fußweg erreichten wir in dem idyllischen Hohen Steinweg 13, wo die Laternen mit Blumenkörben geschmückt werden, das älteste Haus des Ortes. 1711 wurde es nach einem verheerenden Stadtbrand wieder aufgebaut, was man in alter Schrift auf einer Tafel über der Haustür lesen kann. Hier erwartete uns schon die Schatzmeisterin des Heimatvereins Teltow, Frau Kröger, um uns das mit viel ehrenamtlichem Engagement aufgebaute und betreute Heimatmuseum zu zeigen.
Im ersten Raum des Hauses machte uns Frau Kröger mit der Stadtgeschichte bekannt und zeigte uns die Stadtanlage um 1890 an einem Modell 1:500. Nach dem schon erwähnten großen Stadtbrand blieben reetgedeckte Dächer verboten, und die Scheunen mussten außerhalb des Ortes angesiedelt werden, im sogenannten Scheunenviertel, etwa da, wo sich heute der S-Bhf. Teltow befindet. Auf das ehemalige Hotel „Schwarzer Adler“ wird hingewiesen, in dem sich der Chor: „Frohsinn“ traf. Unser Mitglied Herr Drong konnte davon sozusagen „ein Lied singen“.
Eine große Veränderung brachte 1906 der Bau des Teltowkanals auf Initiative des Landrates des Kreises Teltow, Ernst von Stubenrauch, an den auf dem Marktplatz ein großes Denkmal erinnert. Durch eine Wegeverkürzung wurden neue Industrie- und Wohnungsansiedlungen vor den Toren Berlins ermöglicht. In Schönow wurde ein Kraftwerk eingerichtet, und Elektrolokomotiven wurden im Treidelverkehr eingesetzt. Es gab wirtschaftlichen Aufschwung: Eine Porzellanfabrik wurde gegründet, die anfänglich Haushaltsporzellan und später Isolatoren fertigte, die man im Original hier im Museum entdecken kann so wie auch Flakons von Uralt-Lavendel der Parfümerie-Firma Lohse.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist der Werdegang von August Mattausch, einem süddeutschen Holzschnitzer, den es wegen der Liebe nach Teltow verschlagen hatte. Hier war er zunächst in der Porzellanfabrik Teltow als Gestalter tätig, später in der Firma Lohse. Er war aber auch für die Holzschnitzarbeiten an Empore, Gestühl, Kanzel und Kronleuchter der Andreaskirche zuständig.
Sogar ein Flugplatz mit einer Flugzeugwerft wurde gebaut, doch nach dem 1. Weltkrieg wurde das verboten, was wir gerade im Technik-Museum am Beispiel Edmund Rumplers erfahren hatten, der dann einen Automotor entwickelte. Auch die Straßenbahnlinie 96 von Berlin- Mitte bis Teltow wurde erwähnt; ein alter Triebwagen steht noch an der Machnower Schleuse. Noch viele andere Dinge konnte man bewundern wie z. B. eine Schiefertafel, ein Schönschreibheft und ein Kasten mit den Sütterlinbuchstaben
In einem zweiten Raum vermitteln die Möbel und Einrichtungsgegenstände den Eindruck eines Wohnzimmers zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Hier ruhte man nicht nur aus, sondern verrichtete kunstvolle Handarbeiten mit Webstuhl, Spinnrad und Klöppel, wie man an der Tischwäsche sehen kann. Von dem 1918 in kubistischer Malweise entstandenen Gemälde Lyonel Feiningers: „Teltow II“, das unserer Neuen Nationalgalerie gehört, hängt hier eine Kopie.
Ein dritter Raum beherbergt viele handwerkliche Schätze, z. B. alles, was der Schuhmacher braucht wie auch die Glas-Schusterkugel, die das Licht der Petroleumlampe bricht und somit verstärkt. Zum Schluss können wir uns die Küche mit all den schönen alten Dingen ansehen, den Kachelherd von 1919, auf dessen Feuerstellen Ringe liegen, die man je nach Größe des Topfes einsetzen oder wegnehmen muss. Eine sogenannte Kochkiste und eine Eiskiste sind vorhanden, und alte Krüge und Geschirr schmücken das Ganze. Alle Mitglieder sind begeistert und danken Frau Kröger herzlichst für ihr Engagement, uns dieses Haus zu zeigen, das bis 1984 von der Familie Renner bewohnt, dann von der Stadt angekauft und dem Heimatverein zur Verfügung gestellt wurde, der das Museum 1994 eröffnet hat.
Gern haben wir Frau Krögers Angebot angenommen, außerdem das in der Woche geöffnete kleine Wäscherei-Museum hinter dem Archiv des Neuen Rathauses zu besichtigen. Da wurden alte Erinnerungen an die Kindheit und Jugend wach, wie in dem großen Kupferkessel die Wäsche am Vorabend des großen Waschtages eingeweicht, am nächsten Tag darin gekocht, dann in dem großen Waschzuber auf dem Waschbrett mühsam gerubbelt, gespült, gewrungen, gezogen und zum Trocknen aufgehängt wurde, um anschließend die Wäsche mit einer Wäscherolle zu bearbeiten bzw. zur Heißmangel zu bringen.
Aber auch die ersten Wring- bzw. Schleuder- und Waschmaschinen sind hier zusammengetragen worden so wie Plätteisen aus verschiedenen Zeiten. Von all diesen Schätzen einschließlich der schönen Rolltücher wollten wir uns gar nicht so schnell trennen, aber wir wurden ja bereits im „Böfflamott“ erwartet, um nun auch eine Spezialität des Ortes zu verkosten: die Teltower Rübchen. In verschiedener Weise angerichtet, wurden sie angeboten und auch die- und derjenige, welche sie noch nicht selbst gekocht haben, waren von dem besonderen Geschmack dieses Gemüses angetan. So klang unser Ausflug in die Nachbarschaft mit einem gemütlichen Restaurant-Besuch und interessanten Gesprächen aus.
Hannelore Bolte
(Fotos: Werner Siepmann)