In der letzten Mitgliederversammlung wurde beschlossen, dass ein Monatstreffen im PYC stattfinden sollte, um zu sehen, ob dies eine geeignete Alternative zum Alten Schulhaus sein könnte. Darüber wird in der nächsten Jahresversammlung zu entscheiden sein.
Frau Bolte begrüßt eine große Anzahl von Mitgliedern und stellt Frau Ingrid Fischer vor, die sich unzählige Male in Rom aufgehalten und immer neue Aspekte der Ewigen Stadt erkundet hat. Sie wird diese in ganz speziellen Projektionen auf der Leinwand zeigen.
Sie führt uns nicht in das Rom der Touristen mit dem Kolosseum, dem Petersdom und dem Trevibrunnen, sondern in wenig bekannte Winkel und erzählt Geschichten aus und über die Stadt.
Wir sehen eine Karte mit den legendären sieben Hügeln, die schon im 3. Jh. v. Chr. von der servianischen Mauer umschlossen waren. Dazu zählten aber weder Vatikan noch Gianicolo. Wir hören von der Legende um die Gründung Roms, der „Stadt des Flusses“, von der sagenumwobenen römischen Wölfin. Sie erzählt vom Mord des zornigen Romulus, der seinen Bruder erschlug, weil dieser im Übermut über die von ihm in den Sand gezeichnete künftige Mauer um seine Stadt sprang: „Rom soll nie eingenommen werden!“ Tatsächlich wurden auf dem Palatin Reste einer Hütte, die „Casa Romuli“ ausgegraben. Das Jahr 753 v. Chr. gilt als Gründungsjahr.
Wir springen dann ins Jahr 1748, als Goethe an der Piazza del Popolo ankam und sehen dort Sta. Maria, die Kirche der Augustiner, in der 1524 Martin Luther als Mönch eine Messe gelesen hatte.
Wir gehen zurück zu den alten Römern, blicken auf das Forum Romanum, den Circo Massimo mit der 600 m langen Rennbahn und Plätzen für 145.000 Zuschauer und das Kolosseum mit seiner wechselvollen Geschichte.
Dann sehen wir die Hauptkirchen des päpstlichen Rom mit San Giovanni in Laterano und dem Papstpalast, Sta. Maria Maggiore, San Paolo vor den Mauern und schließlich den Petersdom, seit 1377 Sitz des Papstes und Zentrum der Katholischen Kirche. Wir erfahren vom „Campo Santo Teutonico“, dem seit den Zeiten Karls des Großen den Deutschen überlassenen kleinen Friedhof, der innerhalb der Grenzen des souveränen Vatikanstaates und direkt neben dem Petersdom zu finden ist. Der wachhabende Schweizer Gardist gibt den Zugang nach einem Gruß in deutscher Sprache frei. In der Nachfolge des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ist der österreichische Bundespräsident Schutzherr dieses Ortes.
Wir erfahren von der Geschichte des Kirchenstaates, dem Vatikanstaat, dem der Papst als Oberhaupt der Katholischen Kirche vorsteht und der besonderen völkerrechtlichen Stellung des „Heiligen Stuhls“, bei dem die ausländischen Botschafter akkreditiert werden.
Rom war auch die Stadt, in der viele tausend Juden lebten, deren Vorfahren teilweise schon als Sklaven ins alte Rom kamen. Wir sehen Bilder von Trastevere („Jenseits des Tiber“), wo sie wohnten. Seit 1555 galten für sie Residenzpflicht und besondere Kleidungsvorschriften im dortigen Ghetto. Sie lebten über die Jahrhunderte bis zur Besetzung Roms durch die Nazis relativ unbehelligt. Am 16.10.1943 begannen aber auch in Rom die Deportationen nach Auschwitz.
Erst mit der 1861 erfolgten Eroberung Roms durch die legendären „Bersaglieri“ (das Monument steht an der Puerta Pia) und der staatlichen Einigung Italiens wurde Rom Hauptstadt des dann vereinten Italien. Es musste den Bau des monumentalen Ehrenmals für Vittorio Emanuele II. auf der Piazza Venezia („die Schreibmaschine“) erleiden, wofür ein herrlicher Palazzo abgerissen wurde.
Den größten Eingriff erlebte Rom aber durch Mussolinis Größenwahn, der für seine 900 m lange Via dei Fori Imperiali, die zum Kolosseum führt, ein ganzes Stadtviertel und große Teile des Forum Romanum abreißen ließ. Eindrucksvolle Bilder vergangener Zeiten zeigen den Frevel.
Aber auch für die uns heute bekannte und so prachtvolle Zufahrt zum Petersplatz, die Via de Reconciliazione („Straße der Versöhnung“), wurde ein ganzes Stadtviertel mit 4 Kirchen und zahlreichen Palästen abgerissen.
Mit einem Blick durch das Schlüsselloch des Palastes des souveränen Malteserordens auf den Petersdom verabschieden wir uns von einem Rom, das die meisten von uns bisher so noch nicht gesehen hatten.
Mit dankbarem Applaus für Frau Ingrid Fischer endet wieder ein interessanter Abend.
Ulrich Locherer