25-Jähriges Jubiläum des Vereins für Kultur und Geschichte in Wannsee e.V.

Am 16. März 1985 trafen sich im Wohnzimmer von Familie Gertis in der Kaiserstraße 20 acht gleichgesinnte Bürger aus Wannsee und gründeten den „Verein für Kultur und Geschichte in Wannsee e.V.“ Das 25-jährige Jubiläum sollte nun in angemessenem Rahmen  gefeiert werden, wofür eine Dampferfahrt rund um den Wannsee als geeignet angesehen wurde. Da März für dieses Unternehmen aber als zu ungemütlich erschien, einigte man sich auf den 6. Mai 2010. Es sollte sich jedoch  herausstellen, dass dieser Tag im Mai genauso verregnet und kalt war wie der bisherige Frühling. Trotzdem finden sich um 15.30 Uhr 55 Mitglieder und Gäste an der Anlegestelle Wannsee der Stern- und Kreisschifffahrt ein und besteigen die MS „Tempelhof“, die dann auch als einziges Schiff an diesem Tag ablegt.

Nur mit Mühen kann man die sich beschlagenden Fensterscheiben soweit frei bekommen, dass man wenigstens andeutungsweise erkennen kann, wohin die Fahrt geht. Auf der einen Seite ziehen die an den Anlegestellen vertäuten

Segelboote der Berliner Segelclubs vorbei. Das Liebermannhaus, das Haus der Wannseekonferenz und der Flensburger Löwe sind nur schemenhaft zu erkennen.  Auf der anderen Seite ist das inzwischen renovierte Strandbad Wannsee zu sehen, in das sich nur einige wenige Badegäste verirrt haben. Als die Insel Schwanenwerder vorbeizieht, stellen wir die abenteuerlichsten Vermutungen über die Eigentümer eines überdimensionierten, modernen Neubaus eines Wohngebäudes an, das die natürliche Harmonie des Kleinodes empfindlich stört.

Wir erreichen dann die offene Havel, fahren am Kladower Ufer vorbei und bewundern die herrlichen Villen und Gärten. Plötzlich taucht die Pfaueninsel auf, wo die Meierei zu erkennen ist. Die Weiterfahrt bringt uns an die in der Flussmitte verlaufende Stadtgrenze, was zum Austausch von Erinnerungen an über 40 Jahre innerdeutsche Grenze anregt. Aus dem Nieselregen grüßen das Schlösschen auf der Pfaueninsel, St. Peter und Paul auf Nikolskoe mit dem Wirtshaus, die Moorlake, die „Datschen“ am Meedehorn und schließlich die Sacrower Heilandskirche. Die Runde über den Jungfernsee gibt Blicke auf das Panorama des Neuen Gartens mit Schloss Cecilienhof, Meierei, Eremitage und Matrosenstation frei. Dann kommen wir an die geschichtsträchtige Glienicker Brücke mit der renovierten Villa Schöningen auf der Potsdamer Seite und der „Großen Neugierde“ im Park des Glienicker Schlosses. Wegen Baggerarbeiten im Verbindungskanal zwischen Griebnitz- und Stölpchensee kann unser Schiff die Fahrt nicht um die „Insel Wannsee“ fortsetzen. Nach einem Blick über den Tiefen See auf Schloss Babelsberg wendet daher unser Schiff und bringt uns nach zügiger Fahrt durch den Nieselregen gegen 18.00 Uhr wieder zur Anlagestelle Wannsee. Die Reiseteilnehmer machen das Beste aus der Lage und nutzen die Fahrt zu Gesprächen und zum besseren Kennenlernen. Nach dem Anlegen gehen wir in einer kurzen Regenpause zum renovierten Gasthof „Wannseehof“ im Bahnhof Wannsee, wo uns in einem geschmackvoll hergerichteten Saal das Abendessen serviert wird.

Frau Hannelore Bolte begrüßt als Vereins- vorsitzende noch einmal alle Teilnehmer dieser Veranstaltung und nimmt das Jubiläum des „Vereins für Kultur und Geschichte in Wannsee“ zum Anlass, in ihrer Rede auf herausragende Ereignisse der 25-jährigen Geschichte hinzuweisen:

„Dank der Initiative engagierter Wannseer Bürger am 16. März 1985 gegründet, kann nun heute, auf unserer Jubiläumsfeier am 6. Mai 2010, der Verein auf ein Vierteljahrhundert zurückblicken: Auf der Einladung zu der heutigen Veranstaltung haben Sie die Namen der acht Gründungsmitglieder gelesen. Nicht mehr unter den Lebenden sind erstens Herta Ziese, die Mutter unseres Vereinsmitgliedes Frau von Paczkowski, zweitens Herr Scharnowski und drittens seit einem halben Jahr auch Karl-Heinz Grohmann. Unserem Verein noch immer treu sind die Ehepaare Gertis und Srama, und all die Jahre ist Frau Irene Srama unermüdlich als Schatzmeisterin tätig. Auch an dieser Stelle wollen wir ihr unseren Dank für ihre Arbeit aussprechen! Zur Vorbereitung des Abends habe ich noch einmal die ersten drei Protokollbücher aus dem in meinem Keller befindlichen Archivschrank geholt. Bis 2002 wurde handschriftlich Protokoll geführt, bis auf wenige Ausnahmen, wenn mit der Schreibmaschine oder mit dem Computer das Protokoll einer Jahreshauptversammlung geschrieben und ins Buch eingeklebt wurde. Und heute schickt mir Herr Locherer, der sich im März dieses Jahres dankenswerterweise als Schriftführer zur Verfügung gestellt hat, nachdem wir zwei Jahre lang ohne einen auskommen mussten, das Protokoll als Anhang zu seiner E-Mail. So hat auch die Technik bei uns Einzug gehalten. Das erleichtert die Arbeit sehr!

Gehen wir zu den Anfängen zurück: Die erste Eintragung gibt nur Auskunft über eine Sitzung am 9. April 1986, also ein gutes Jahr nach der Gründung. Hier haben sich fünf Mitglieder und sieben Gäste eingetragen. Ein Thema ist nicht erwähnt worden, auch am 8.Oktober 1986 nicht. Über die stimmungsvolle Adventsfeier am 13.12.1986 in Nikolskoe, an der ca. 27 – 30 Mitglieder teilgenommen haben, ist dann aber eine halbe DIN-A 4-Seite geschrieben worden. Zu den nächsten Sitzungen finden wir sechs, zehn, sogar mal 14 oder 18 Personen, aber am 12. Januar 1989 musste, da nur zwei Personen anwesend waren, die Sitzung ausfallen. Offensichtlich waren die Anfänge nicht so einfach. Da können wir uns heute mit 70 Mitgliedern nicht über den Zuspruch beklagen. Unsere Sitzungen werden von durchschnittlich 35 bis 45 Personen besucht. Langsam bekommen wir mit unserem angemieteten Raum im Alten Schulhaus Schwierigkeiten, so dass wir schon zehn Klappstühle gekauft haben, die nicht so viel Platz wie die breiten Sessel wegnehmen. Ab Sommer 1987 wird in dem Protokollbuch über viele Fahrten in die nähere und weitere Umgebung Wannsees erzählt, zum Teil mit Fotos illustriert, so dass ich mal für eine Sitzung im Alten Schulhaus die Bände zur Ansicht mitbringen werde. In diesem Zusammenhang möchte ich aber erneut darauf hinweisen, dass Ihnen allen unser Archiv nach Anmeldung bei mir offen steht. In den Protokollen wird auch von Spenden berichtet, z.B. für die Überholung des Glockenspiels in der Alten Dorfkirche, für die Reinigung des Meilensteins, und wir erfahren etwas über die Bemühungen, das Grab des Malers Philipp Franck zum Ehrengrab zu erklären.

Über weitere Aktionen berichten unsere Jahrbücher, so zum Beispiel über die Finanzierung dreier „Stolpersteine“, damit an ehemalige jüdische Wannseer Nachbarn erinnert wird, die von den Nazis ermordet wurden. In unserem letzten Jahrbuch wird über die historische Pflasterung auf dem Wilhelmplatz und über zwei Tafeln, unser Dorf Stolpe und unsere Dorfkirche betreffend, informiert. So ergeht mein Appell an uns alle: Wollen wir uns weiterhin für die Wannseer Belange einsetzen und nach außen wirken! Es freut mich sehr, dass wir seit dem Frühjahr dieses Jahres mit einer Seite im elektronischen Netz sind, so dass man interessierte Menschen auf unsere Internetseite www.kulturverein-wannsee.de verweisen kann. Und für die Zukunft wünsche ich mir und denke da in Ihrer aller Namen zu sprechen, dass auch immer wieder jüngere Leute zu unserem Verein hinzukommen, um die Tradition fortzuführen, damit der Verein die nächsten 25 Jahre erleben möge!“

Mit lang anhaltendem Beifall wird diese Rede bedacht. Unter Hinweis auf das Luisenjahr und die aus diesem Anlass eingerichteten Ausstellungen in den Schlössern Charlottenburg, Pfaueninsel und Paretz schlägt Frau Bolte vor, für September eine Fahrt nach Paretz zu planen, was allgemeine Zustimmung findet. Herr Gertis weist darauf hin, dass ausnahmsweise die Gruft des Mausoleums von Königin Luise im Park Charlottenburg noch bis Ende Mai für Besichtigungen geöffnet sei, bevor es zur Achtung der Totenruhe wieder geschlossen werde. Herr Eberhard Gertis erinnert dann als Gründungsmitglied und langjähriger Vorsitzender in launigen Worten an die Anfänge des Vereins und einige herausragende Ereignisse der bisherigen Vereinsgeschichte. Er erinnert an die ersten Treffen im Vereinslokal „Wannseeklause“ in der Königstraße (jetzt „Halali“)  und die späteren Tagungslokale „Stolper Stuben“ am Wilhelmplatz (jetzt „Chopin“) und im Pavillon des „Landlord“ in der Alsenstraße, das schräg gegenüber dem Wohnhaus des „Eisernen Gustav“ lag (musste Neubauplänen weichen). Erst durch die Vermittlung des damaligen Bezirksstadtrates Eberhardt Schmidt wurde dem Verein das „Alte Schulhaus“ zur Verfügung gestellt, in dem nun die regelmäßigen Treffen stattfinden können. Herr Gertis weist stichwortartig auf einige herausragende Veranstaltungen und Ausflüge hin, die sich wegen der politisch bedingten Lage in und um West-Berlin bis zur Wende auf das Stadtgebiet beschränken mussten. So standen auf dem Programm das Jagdschloss Glienicke, das Schloss Klein-Glienicke, die Pfaueninsel und 1989 nach Öffnung der Mauer der Besuch des Berliner Doms. Nach der Wiedervereinigung folgten dann Ausflüge in das Umland zu den Klöstern in Lehnin und Chorin, den Städten Neuruppin und Rheinsberg, den Filmstudios in Babelsberg, den Seelower Höhen, dem Kloster Neuzelle und dem Scharmützelsee. Später zog man weitere Kreise bis nach Cottbus und Branitz, Tangermünde und Jerichow.

Die 700-Jahrfeier unseres Dorfes Stolpe war 1999 ein ganz besonderes Ereignis, das ein reichhaltiges Programm auch für unseren Verein brachte. Unter Hinweis darauf, dass z.B. von den 50 Mitgliedern des Jahres 1999 nur noch 11 im Verein sind, regt Herr Gertis an, das eine oder andere Ziel der vergangenen Jahre wieder aufs Programm zu setzen, was breite Zustimmung findet. Abschließend dankt Frau Jacobsen den Organisatoren für den – trotz des schlechten Wetters – gelungenen Tag, der mit angeregten Gesprächen endet.

Ulrich Locherer

(Fotos: Inge Redlich, Hannelore Bolte)

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