Um 8.00 Uhr fahren wir mit vollbesetztem Bus los und werden schon auf der Fahrt von Frau Hannelore Bolte humorvoll und kenntnisreich mit dem Leben des Weltenbummlers, Schriftstellers und Gartenkünstlers Hermann Fürst von Pückler-Muskau vertraut gemacht. Er wird 1785 in Muskau geboren, wird nach dem Tod seines Vaters 1811 Reichsgraf von Pückler und Standesherr zu Muskau. Er studiert Rechtswissenschaften in Leipzig, wird Rittmeister im Dresdner Garderegiment und preußischer Oberstleutnant in den Befreiungskriegen. 1814 besucht er erstmalig England und seine Landschaftsgärten und beginnt 1815 mit der Anlage des Muskauer Parks. Er heiratet 1817 Lucie und wird so Schwiegersohn des preußischen Kanzlers und Reformers Hardenberg. Die erhoffte Einstellung in den diplomatischen Dienst bleibt aus, er erhält aber 1822 den Fürstentitel. Um seine prekäre wirtschaftliche Lage zu verbessern, willigt seine Frau in die Scheidung ein, damit er in England auf eine dreijährige, aber erfolglose Brautschau gehen kann. 1834 bricht er zu einer sechsjährigen Afrikareise auf, wird erfolgreicher Schriftsteller und kehrt mit der freigekauften abessinischen Sklavin Machbuba zurück, die aber bald darauf stirbt. 1845 muss er die Standesherrschaft Muskau verkaufen, reist wieder nach England, kommt mit großer Gartenerfahrung zurück und beginnt die Arbeiten am Branitzer Park und Schloss, die ihn bis zu seinem Tod am 4. Februar 1871 beschäftigen. Er wird in der Seepyramide beigesetzt.
Wir werden in Branitz von Frau Anne Schäfer, der Kustodin des Schlosses und Museums, begrüßt und in die Geschichte des im Jahre 1772 gebauten Hauses eingeführt. Nach Pücklers Umzug nach Branitz wird das Haus ab 1845 jahrelang umgebaut und dem Geschmack der Zeit und dem aufwendigen Lebensstil seines neuen Besitzers angepasst. Während der Umbauzeit wohnt der Fürst im Obergeschoss und überwacht alle Arbeiten peinlich genau. Nach seinem Tod bleibt es bis 1945 in Familienbesitz und wird bis zur Wende Bezirksmuseum für Geschichte. Danach wird es wieder in seinen früheren Zustand zurückversetzt und mit vielen Dauerleihgaben der Erben bestückt. Besonders herausragend sind die mehr als 4500 Bände für die inzwischen wieder beinahe original eingerichtete Bibliothek. Besonders zu beachten ist die antike Kopiermaschine, mit der Pückler seinen umfangreichen Schriftwechsel in weiser Voraussicht peinlich genau kopierte.
Der Gang durch die Prunkräume im ersten Obergeschoss führt durch ein liebevoll restauriertes und eingerichtetes Schlafzimmer mit danebenliegender Badestube, durch ein barockes Musikzimmer und ein Speisezimmer, dessen reich geschnitzte Holztäfelung, die Kredenz und die prächtig gedeckte Tafel beeindrucken.
Am Ende kommen wir durch die inzwischen fest im Schloss etablierte Ausstellung von Werken des zeitgenössischen Landschaftsmalers Carl Blechen (1798 – 1840) aus Cottbus, die einen eindrucksvollen Einblick in die Malweise und die Landschaften der damaligen Zeit vermittelt.
Dann blicken wir von der dem Treppenhaus vorgelagerten Freitreppe über den Schlosshof, bewundern die Venus Italica von Canova im Venusbeet vor der Pergola und die Symmetrie der Wirtschaftsgebäude. Tritt man an der entgegengesetzten Seite aus dem Schloss auf die Terrasse, befindet man sich im sog. „Pleasure Ground“, dem Garten mit Teich und Blumenrabatten, der vom Schlossherrn als „erweiterte Wohnung“ konzipiert wurde. Über eine Brücke kommen wir zum Pavillon mit der Skulptur der von im verehrten Sängerin Henriette Sonntag, die seinem Charme aber widerstehen konnte. Von einer kleinen Insel im Schlossteich grüßt der bunt bemalte Zinkabguss der Venus von Capua.
Eine Gruppe lässt sich von Frau Schäfer durch den Landschaftsgarten führen, während die andere Gruppe in einer Gondel durch den Garten fährt. Die tief angelegten und bedeutungsvoll geschwungenen Wege führen durch eine schön gestaltete, hügelige Gartenlandschaft, in der jeder einzelne Baum und jede Baumgruppe Teil von ständig wechselnden Bildern einer wunderbaren Kulturlandschaft sind. Mächtige Solitäre, schon als ausgewachsene Bäume verpflanzt, geben Durchblicke frei zu „Schilfbergen“, „Schilfseen“, Brunnen, Hügeln, zum Heiligen Berg, vom „Freischütz“ angeregt, zum Kreuzberg und zum Kugelberg. Auf unsichtbaren Kanälen gleiten Gondeln vorbei, verschwinden und erscheinen wieder. Wir gehen zur Landpyramide und kommen dann zum See mit der Seepyramide, in der Fürst Pückler 1871 beigesetzt wurde. Ihm wurde einst ein Grab im Wasser geweissagt, was dem damaligen Zeitgeist der „ägyptischen Mode“ entsprechend zwangsläufig zu einem Pyramidengrab führen musste.
Von Frau Schäfer wird uns eindrucksvoll geschildert, wie Pückler mit großer Kenntnis schon voll ausgewachsene Bäume ausgraben, auf einen besonders gebauten Wagen verladen und dann in seinen Park einpflanzen ließ. Im Gegensatz zu Lenné, der genaue Pflanzpläne entwarf, ließ er sich von der Situation, seinen wechselnden Ideen und Eindrücken vor Ort leiten, sodass manche Bäume mehrmals umgesetzt werden mussten. Er war dabei sehr erfolgreich, weil er auf eine ganz besonders gute Bewässerung seiner Pflanzen achtete. Dabei konnte er sich auf das englische Standardwerk „The planter´s guide“ und die Erfahrungen von seinen Reisen nach England stützen.
Im Kavaliershaus stärken wir uns mit einem Mittagessen. Es bleibt dann noch Zeit für eine Wanderung durch den Park oder den Besuch der Ausstellung „Geschichte einer Feindschaft“, die im Marstall Einblicke in die spannungsgeladene Gegnerschaft von Friedrich II. mit dem sächsischen Premierminister Graf Brühl gibt. Diesem waren von seinem König August dem Starken, der nur an seinen Vergnügungen interessiert war, alle Vollmachten gegeben. Brühl war eine der schillerndsten Persönlichkeiten seiner Zeit, ein bedeutender Kunstförderer und verantwortlich für die glanzvollen Dresdner Kunstsammlungen, was ihn zum mächtigsten Politiker und damit Gegenspieler Friedrichs II. werden ließ.
Eine kurze Fahrt bringt uns dann an die polnische Grenze nach Forst in der Lausitz, wo wir durch den dortigen, an der Neiße gelegenen Rosengarten gehen. Leider ist die Blütenpracht noch nicht voll entfaltet, was auch daran liegen kann, dass der trockene und sehr kalte Winter große Schäden angerichtet hat. Es wird großer Anstrengungen bedürfen, die Anlage wieder in einen guten Zustand zu versetzen.
Damit geht wieder eine erlebnisreiche Tagesfahrt zu Ende, die uns insbesondere neue Einblicke in die Gartenkunst früherer Zeiten brachte und die von Frau Bolte mit bewährter Sorgfalt vorbereitet wurde und wofür ihr alle Teilnehmer Dank zollten.
Ulrich Locherer
(Fotos: Werner Siepman)