Die Geschichte des Dorfes Stolpe (Teil 2)

Herr Gertis berichtet über die Geschichte des Dorfes Stolpe vom Ende des 30jährigen Krieges bis zur Eingemeindung in Wannsee. Nachdem sich Stolpe allmählich erholte, erschien das ganze Dorf am 15. Dezember 1764 vor der Königlichen Kurmärkischen Kriegs- und Domänen Cammer und stellte den Antrag, das Land in Erbpacht übernehmen zu wollen. Das hatte zur Folge, dass aus Kossäten wieder Bauern wurden. Dann ging Herr Gertis zur Heidertschen Donation und dem Stolper Schulwesen über.

Joachim Ludwig Heidert, der Hofgärtner Friedrich des Großen, wollte in der Kirche von Stolpe ein Epitaph für seinen Vater, für sich und seine erste Frau errichten lassen. Das war nicht so einfach. Erst eine Donation von 275 Reichstalern in Gold, deren Zinsen den armen Schulkindern von Stolpe und dem Schulhalter zufließen sollten, ermöglichte die Aufstellung. Das Stolper Schulwesen lag so lange im Argen, bis der Lehrer Liese kam.

Als die Königstraße angelegt wurde, verödete Stimmings Krug in Stolpe. Er wurde deshalb auf Staatskosten an den Großen Wannsee verlegt. Stimming hatte große Schwierigkeiten, das von ihm verauslagte Geld wieder zurückzuerhalten. In seinem Krug brachten der Dichter Heinrich von Kleist und Henriette Vogel die letzte Nacht vor ihrem Freitod am 21. November 1811 zu.

Auch der Teerbrenner Albrecht betrieb neben seinem Teerofen einen Schankkrug für die Fuhrleute, die auf dem Weg von Berlin über Potsdam nach Sachsen waren. Der dafür zu entrichtende Zapfzins betrug 8 Taler jährlich und war im Grundbuch eingetragen. Durch den Bau der Königstraße verödete aber auch dieser Krug und wurde deshalb aufgegeben. 1816 erwarb der Torfinspektor Simon das Gebäude und musste weiterhin den Zapfzins bezahlen. Er wehrte sich viele Jahre dagegen, aber erst nach 34 Jahren hatte seine 10. Eingabe Erfolg, und die Eintragung im Grundbuch wurde gelöscht.

Auf der Pfaueninsel – früher auch Kaninchenwerder genannt – experimentierte von 1685 –1689 der Glasmacher Kunckel. Friedrich Wilhelm I. schenkte die Insel später dem Militärwaisenhaus zu Potsdam, das sie landwirtschaftlich nutzte. 1793 kaufte Friedrich Wilhelm II. die Insel wieder zurück und ließ auf ihr das Schloss und die Meierei für sich und seine Mätresse Wilhelmine Encke, der späteren Gräfin Lichtenau, als Rückzugsgebiet für romantisch-erotische Begegnungen errichten.

Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise nutzten die Insel oft für Sommeraufenthalte. Unter Friedrich Wilhelm III. wurden das Kavaliershaus, das Schweizerhaus, der Luisen – Tempel, der Fregattenschuppen für die Royal Louise sowie das Palmenhaus errichtet, das in der Nacht vom 18. auf den 19. Mai 1880 aus unbekannter Ursache abbrannte. Auch eine Menagerie wurde angelegt, die später den Grundstock für den Zoologischen Garten in Berlin bildete.

Als 1848 in Berlin die Revolution ausbrach, musste der als „Kartätschenprinz“ gebrandmarkte spätere Kaiser Wilhelm I. fliehen und versteckte sich auf seiner Flucht nach London zwei Tage und Nächte auf der Pfaueninsel im Hause des Hofgärtners Fintelmann.

Anschließend schilderte Herr Gertis die kirchlichen Verhältnisse im Dorf Stolpe bis zum Jahre 1854, in dem die alte, baufällige Fachwerkkirche abgerissen werden musste. Die neue Kirche, die fast zu einem Drittel von König Friedrich Wilhelm IV. wegen seiner Sonderwünsche mitfinanziert wurde, ist von dem Schinkelschüler Stüler entworfen worden. Der König schenkte auch noch eine Orgel. Wie es dazu kam, wurde anhand des Berichts des Chronisten Kritzinger dargestellt.

Abschließend wurde auf die Gemeindevertretung von Stolpe eingegangen. Diese bestand aus dem Gemeindevorsteher und 9 weiteren Gemeindevertretern. Sämtliche Gemeindevertreter wurden nach dem preußischen Dreiklassenwahlrecht gewählt, das ausführlich dargestellt wurde. Für 1881 wurden die Gemeindevertreter unterteilt nach Klassen angegeben. In der ersten Klasse waren Baron von der Heydt, Hofbaumeister Pätzold und der Geheime Commerzienrat W. Conrad. Zur zweiten Klasse gehörten Carl Liebenow, Fabrikbesitzer Otto Winkelmann und Baurat Kyllmann. Die Vertreter der dritten Klasse waren der Büdner W. Jürgen, der Gastwirt Jungermann und der Gutsbesitzer Heinrich Beyer.

Von den vielen Gemeinderatsbeschlüssen sei hier nur der erwähnt, dass die Gefangenenzelle im Armenhaus einen direkten Zugang erhielt, damit die Einlieferung, Versorgung und Entlassung der Häftlinge nicht mehr durch das Zimmer der dort wohnenden Witwe Gensicke erfolgen musste.

Am 1. April 1898 wurden Bestandteile des Gutsbezirks Düppel (Villenkolonie Wannsee) in die Landgemeinde Stolpe eingemeindet. Am 21. September 1898 erfolgte dann durch Kabinettsorder die Gründung der Gemeinde Wannsee.

Marianne Gertis

Nach oben scrollen