Die von der „Stiftung Berliner Mauer“ unter maßgeblicher Mitarbeit von Herrn Jens und Frau Manuela Arndt gestaltete Ausstellung wird in der Orangerie des Schlosses Glienicke vom 19.6. bis 3.10.2011 gezeigt. Frau Bolte, die wie einige andere Mitglieder unseres Vereins die Ausstellung als Aufsichtsperson unterstützt, stimmt uns mit einem Blick auf eine sehr detaillierte Luftbildkarte des Gebietes auf das Thema ein.
Im ersten Raum der drei kleinen Gewächshäuser wird dargestellt, wie sich das im Jahre 1375 erstmals urkundlich erwähnte Dorf nach dem Kauf des Gutes Glienicke durch den Prinzen Carl, einem Sohn König Friedrich Wilhelms III., im Jahre 1824 veränderte. Es wurde zum Dorf mit Schweizerhäusern, künstlichen Felsen und Schluchten und erhielt eine Schlosszufahrt mit Allee und Kanal. Das Jagdschloss des Großen Kurfürsten, inzwischen als Lazarett und später Waisenhaus genutzt, wurde barockisiert. Bei der Befragung im Jahr 1920 votierten die Bürger für den Verbleib bei Babelsberg – eine für die Zeit nach 1945 schicksalhafte Entscheidung! Danach folgte die große Zeit des Dorfes als Ausflugsziel der Berliner. Der zweite Raum zeigt beispielhaft die unseligen 12 Jahre der Nazizeit an den Schicksalen von Lilian Harvey, der Filmdiva und der Familien von Schleicher, dem letzten Reichskanzler, und Prof. Otto Lipmann, einem großen Psychologen der Berliner Universität. Der dritte Raum ist der unmittelbaren Nachkriegszeit gewidmet mit Bildern der Potsdamer Konferenz, der Schilderung des Schicksals der preußischen „Prinzessin in der DDR“ und dem Arbeitsalltag von Pfarrer Joachim Strauss, der mit Boot und Moped seine Schäfchen in den drei Havelkirchen St. Peter und Paul auf Nikolskoe (West), der Heilandskirche in Sacrow (Ost) und der Kapelle in Klein-Glienicke (Ost) betreut.
Im Hauptraum der Orangerie ist dann die Entwicklung des Dorfes nach dem Bau der Mauer zu erleben. Das bisher relativ normale Leben in dem Grenzdorf ändert sich grundlegend. Fluchten, tägliche Schikanen, Umsiedlungen, Abrisse von Häusern, der Schule und strikten Zugangsregelungen bestimmen den Alltag. Eindrucksvolle Großfotos, Hörbeispiele und Filmszenen zeigen Einzelschicksale und Ereignisse auf, wie „Der Grenz-Chef“, „Das deutsch-deutsche Begräbnis“, „Mauerkoller“, „Mauertote“, „Häuserabrisse“, „Fluchten“, „Ausweisungen“. Bilder voller Freude und Erleichterung zeigen dann den Fall der Mauer, der wieder neues Leben in das Dorf bringt. Gefangen wird man aber ganz besonders von einem großen Modell, das auf einer Fläche von 2 x 4 Metern die Gegend vom Jungfernsee bis zur Schleuse Klein-Machnow maßstabsgerecht und mit pedantischer Genauigkeit zeigt Es sind alle Einzelheiten der Sperranlagen der Berliner Mauer mit Häusern und Bäumen um die Glienicker Brücke, Albrechts-Teerofen, Steinstücken, Klein-Glienicke zu sehen. Dieses Modell wurde kurz vor Eröffnung der Ausstellung vom ehemaligen Stabschef und späteren Kommandeur des Grenzregiments Oberstleutnant Peter Thomsen den Ausstellern unter recht ungewöhnlichen Umständen angeboten. Es wurde 1984/85 auf seine Anordnung hin von „seinen“ Soldaten gebaut und diente der Ausbildung. Der allgemeine Vernichtungsbefehl bei der Wende wurde nicht beachtet und das Modell verschwand in der Garage des Offiziers. Es soll nun nach dem Willen des „Spenders“ der Öffentlichkeit ständig zugänglich sein. Die vielen Einzelheiten der Ausstellung kann man nachlesen in dem 2009 erstmalig und 2011neu aufgelegten Buch von Jens Arndt „Glienicke – Vom Schweizerdorf zum Sperrgebiet“. Es bleibt zu hoffen, dass nach der Schließung am 3.Oktober 2011 für die Ausstellung ein ständiger Platz in der Nähe des Dorfes gefunden wird. Sie könnte insbesondere den zahlreichen Touristen ein anschauliches Bild über die Geschichte dieses besonderen Ortes vermitteln.
Ulrich Locherer
(Fotos: Werner Siepmann, Hans-Michael Peus)